Veranstaltung: | GRÜNES Kommunalwahlprogramm 2020 für Nürnberg |
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Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 21.11.2019 |
Eingereicht: | 06.12.2019, 15:01 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Mehr Bürger*innenbeteiligung
Beschlusstext
Wem gehört die Stadt? Natürlich den Bürger*innen. Sie müssen viel stärker gehört
werden. Viele Projekte in den Bereichen Umwelt, Verkehr, Soziales, Kultur und
Inklusion wären ohne das vielfältige Engagement der Nürnberger*innen nicht
möglich. Wir Grüne sind selbst aus Bürger*inneninitiativen entstanden und
unterstützen Bürger*innen, die Verantwortung übernehmen und die
Stadtgesellschaft mitgestalten wollen.
Eine Kultur des Gehörtwerdens
Die Stadt steht zwar Bürger*inneninitiativen professionell mit Informations- und
Vernetzungsangeboten zur Seite, stellt Räume oder Finanzmittel. Aber auch
Stadtverwaltung und Stadtrat müssen sich für das Bürger*innenengagement weiter
öffnen.
Die Bürger*innen sollen darüber mitentscheiden, wofür Geld ausgegeben wird. Von
Fahrradwegen und Bolzplätzen bis zur Gestaltung öffentlicher Plätze oder ganzer
Areale sollen sie sich frühzeitig in die Planung einbringen können und in
richtungsweisenden Fragen das letzte Wort haben: beispielsweise bei großen
Infrastrukturprojekten. Dies führt zu besseren Ergebnissen und mehr Akzeptanz
für solche Projekte.
Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass Beteiligungsprozesse in Zukunft
ergebnisoffen verlaufen. Auch fordern wir Grüne, zu Beginn einer Wahlperiode ein
Zukunftsprogramm für jeweils fünf Jahre zu entwickeln und daran Bürger*innen und
Organisationen zu beteiligen. Für jedes Haushaltsjahr werden die jeweiligen
Ziele des Programms durch Stadtrat und Verwaltung konkret heruntergebrochen.
Die Einführung eines Jugendparlaments, wie es bereits vielerorts existiert, mit
ausreichender Finanzierung und einer hauptamtlichen Geschäftsführung zur
Verwirklichung eigener Projekte, von denen junge Menschen direkt profitieren,
halten wir für eine gute Möglichkeit, Jugendliche unter 18 Jahren am
demokratischen Diskurs zu beteiligen. Dies soll in Kooperation mit dem
Kreisjugendring und parallel zur Stadt-Schüler*innen-Vertretung und nicht an
ihrer statt geschehen oder finanziert werden. Die Stadt-SV als Vertreter*innen-
Gremium der Nürnberger Schüler*innen soll weiterhin Sachverständige in die
Schulausschusssitzungen entsenden dürfen.
Wir möchten in eine öffentliche Diskussion über die Schaffung demokratisch
gewählter Stadtteilgremien einsteigen.
Offene Informationen für mehr Bürger*innenbeteiligung
Für eine kontinuierliche Bürger*innenbeteiligung in allen Stadien der Planung
ist es darüber hinaus notwendig, neue Verfahren auszuweiten, die alle Menschen
einbinden und nicht nur die bereits in der Stadtgesellschaft Engagierten:
Dazu müssen zuerst die relevanten Informationen und Dokumente zugänglich
gemacht und praxisgerechte Beteiligungsinstrumente geschaffen werden.
Datenbestände der Stadt Nürnberg wie zum Beispiel Umwelt-, Verkehrs- und
Haushaltsdaten müssen veröffentlicht und der maschinellen Verarbeitung
zugänglich gemacht werden. Die Daten sollen einer offenen Lizenz
unterliegen.
Mit der Einführung eines Bürger*innenhaushalts soll ein Teil des
kommunalen Haushalts für Investitionsprojekte reserviert werden, über den
die Bürger*innen in einem offenen Prozess entscheiden können.
Wir fordern die Ausweitung niedrigschwelliger Beteiligungsformen während
der Planungs- und Umsetzungsphase von Infrastrukturprojekten. Das können
beispielsweise Planungsworkshops, Diskussionsforen oder Planungszellen
sein, zu denen eine repräsentative Auswahl von Bürger*innen eingeladen
wird und in denen Bürger*innengutachten erstellt werden.
Bei Entscheidungen von großer Tragweite möchten wir verstärkt auf
Ratsbegehren zurückgreifen. Dabei stellt der Stadtrat strittige Fragen aus
dem eigenen Entscheidungsbereich zur Abstimmung durch die Bürger*innen.
Den Stadtrat stärken und zum Ort der Debatte machen
Im Gegensatz zu fast allen anderen Bayerischen Städten und Gemeinden, haben die
ehrenamtlichen Stadträt*innen in der Stadt Nürnberg keine klar umrissenen
Auskunfts- und Antragsrechte. Das ist zutiefst intransparent, undemokratisch und
schwächt die Rolle des Stadtrats gegenüber Stadtspitze und Stadtverwaltung, wenn
es keinen Anspruch darauf gibt, dass gestellte Anträge auch behandelt werden
müssen. Wir werden daher die Geschäftsordnung des Stadtrats der Stadt Nürnberg
dahingehend ändern, dass Stadträt*innen Anfragen an die Stadtverwaltung stellen
können, die binnen sechs Wochen beantwortet werden müssen, und Anträge binnen
sechs Monaten auf die Tagesordnung der Ausschüsse bzw. des Stadtrats gesetzt
werden müssen. Nur so können die Mitglieder des Stadtrats die Anliegen der
Bürger*innen auch schlagkräftig gegenüber der Verwaltung vertreten und der
Stadtrat insgesamt seiner Aufgabe gerecht werden.
Transparente Politik
Wir Grünen setzen uns dafür ein, öffentliche Sitzungen des Stadtrats auch live
im Internet zu übertragen und dauerhaft zugänglich zu machen. Das macht
politische Entscheidungen transparenter und führt zu einer geringeren Distanz
zwischen den Bürger*innen und ihren gewählten Vertreter*innen. Zudem muss das
Internetangebot der Stadt Nürnberg dringend übersichtlicher und
bürger*innenfreundlicher gestaltet werden.
Schlüsselprojekt Bürger*innenbeteiligung
Entscheidungsprozesse werden durch Bürger*innenbeteiligung transparenter und
nachvollziehbarer gemacht. Sie bietet allen den Einstieg mitzuwirken. Andere
deutsche Großstädte übertragen bereits heute erfolgreich ihre Stadtratssitzungen
ins Internet.
Sollte es darüber hinaus Entscheidungsbedarf geben, wollen wir das Instrument
der öffentlichen Gruppenpetitionen schaffen. Wer 2.500 Unterstützende für eine
Petition nachweisen kann, soll Anhörungsrecht im zuständigen Fachausschuss des
Stadtrats und ein Anrecht auf eine qualifizierte Stellungnahme bekommen.
Ergänzend dazu wollen wir die Möglichkeiten elektronischer Kommunikation nutzen:
zum Beispiel mit Online-Foren im Vorfeld von Bürgerversammlungen.