Der Begriff „autofreie Innenstadt“ ist ein Reizbegriff, gegen den der „Veggie Day“ geradezu verblasst. Erst kürzlich sorgte der Plan, einige Parkplätze vom Nägeleinsplatz abzuziehen, für helle Aufregung bei den Anwohnern. Wenn nun eine komplett autofreie Altstadt gefordert würde, bedeutete dies für die (knapp 15.000) Altstadt-Bewohner den faktischen Zwang zur Abschaffung des eigenen PKW – jenseits der Frage der Antriebsart. Da wir in unserem Kommunalwahlprogramm ebenfalls eine Ausdehnung der Bürgerbeteiligung fordern, halte ich es für unerlässlich, diese gerade in einem derart sensiblen Punkt anzusprechen (allerdings muss ich keine besondere Vorstellungskraft entwickeln, um mir das Ergebnis einer eventuellen Befragung zu diesem Thema vorzustellen).
Zudem verlören gewerbliche Anbieter – z.B. die Parkhausbetreiber – ihre Geschäftsgrundlage (in diesem Punkt habe ich sogar Zweifel, dass dies juristisch haltbar wäre). Nicht umsonst will auch Fritz Kuhn in Stuttgart bei seiner Initiative zu einer „autofreien Innenstadt“ die Zufahrt zu den Parkhäusern beibehalten.
Das Stuttgarter Beispiel zeigt auch, wie der lokale Handel auf einen solchen Vorschlag reagiert: dort wird gegen das Vorhaben Sturm gelaufen – obschon es dort die erwähnten Ausnahmen geben soll.
Die angesprochenen Beispiele (Kopenhagen, Ljubljana und Utrecht) taugen nur höchst bedingt als Referenz: dort – das lässt sich relativ einfach über die frei verfügbaren Kartendienste nachprüfen – handelt es sich keinesfalls um tatsächlich autofreie Innenstädte, sondern um erweiterte Fußgängerzonen - in Größenordnungen, die einen Bruchteil der Nürnberger Altstadt ausmachen.
Zudem sind auch dort die Parkhäuser zugänglich und für die Anwohner wurden Sonderregeln geschaffen – dies kenne ich zumindest aus Utrecht aus eigener Erfahrung.
Zusammenfassend: Mit dem Schlagwort „autofreie Innenstadt“ haben wir nichts zu gewinnen – zumal ich mir derzeit keinen Partner vorstellen kann, mit dem dies zu realisieren wäre – aber viel zu verlieren. Mein Gegenvorschlag lässt eine schrittweise Ausdehnung der autofreien Zone zu, so dass an deren Endpunkt möglicherweise tatsächlich eine autofreie Altstadt stehen könnte. Wenn dies unter Beteiligung der Bevölkerung geschähe, könnte dagegen niemand etwas einwenden. Aber der Originalvorschlag des Programmes wird Anwohner und Handel gegen uns aufbringen und bietet den politischen Gegnern eine Steilvorlage.