Veranstaltung: | GRÜNES Kommunalwahlprogramm 2020 für Nürnberg |
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Status: | Beschluss (vorläufig) |
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 06.12.2019 |
Eingereicht: | 08.12.2019, 22:51 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Mehr Grün für Nürnberg
Beschlusstext
Grüne Stadt
Flanieren am Wasser, Sport machen im Park, Durchatmen und Verweilen im Grünen –
starke Umweltpolitik ist die Basis einer lebenswerten Stadt. Weniger Lärm,
saubere Luft, sauberes Wasser und unbelastete Böden stehen ganz oben auf unserer
Agenda. Wir wollen Lebensräume für Tiere und Pflanzen erhalten und grüne
Stadtquartiere mit hoher Lebensqualität schaffen. Jede*r Nürnberger*in soll
innerhalb von fünf Minuten von der Wohnung im Grünen sein.
Alltag im Grünen - Grüne Freiräume erhalten und gestalten
In der eng bebauten Stadt Nürnberg stehen wir vor der Herausforderung, bei
steigenden Mieten bezahlbares Wohnen zu ermöglichen und gleichzeitig genügend
Freiflächen und Grün zu erhalten. Den vorhandenen Platz wollen wir optimal
nutzen. Das heißt für uns auch, mehr in die Höhe zu bauen. Klassische
Einfamilienhaussiedlungen auch auf dem Land haben ausgedient. Wir fördern
gemeinsam genutzte Grünflächen in innovativen Wohnprojekten. Dem
Flächenrecycling von ehemaligen Industrie- und Bahnflächen und einer maßvollen
Nachverdichtung in unseren Stadtvierteln geben wir den Vorzug vor dem Bauen auf
der „Grünen Wiese“. Eine Änderung des Flächennutzungsplans in Marienberg für den
Bereich östlich der Flughafenstraße und nördlich der Marienbergstraße zu Gunsten
großflächiger Bebauung lehnen wir ab.
Beim Bauen wollen wir Vorgaben evaluieren, sodass die Bewohner*innen genügend
Grün haben, Bäume und Frischluftschneisen erhalten bleiben, Regenwasser vor Ort
versickert oder Nistmöglichkeiten für Gebäudebrüter mitgedacht werden. Bei
Neubauprojekten soll deshalb mindestens ein Viertel der gesamten Oberfläche von
Pflanzen bedeckt sein. Parkplätze sollen nicht mehr versiegelt werden. Zur
Umsetzung dieser Ziele wollen wir eine Freiflächengestaltungssatzung einführen.
Um Stadtgrün für die Zukunft zu sichern, wollen wir insbesondere in dicht
bebauten Stadtteilen Brachflächen ankaufen und als grüne - wenn möglich
insektenfreundliche Freiflächen sichern. Ein Netz von Grünrouten soll durch die
Stadt führen und wichtige Grün- und Erholungsräume miteinander verbinden. Wir
schaffen ein eigenständiges „Amt für Stadtgrün“, das für Grünplanung- und Pflege
verantwortlich zeichnet.
Wir unterstützen Initiativen in Nürnberg mehr Zugang für die Bürger*innen zum
Wasser zu schaffen und setzen uns für eine Renaturierung von Flüssen und Bächen
ein.
Mehr Grün in die Stadt
Bäume und Hecken sind für das Stadtklima von großer Bedeutung. Wir führen
deshalb eine feste Pflanzquote für Bäume ein. Für jeden gefällten Baum sollen
drei neue gepflanzt werden. Wo Nachpflanzung nicht möglich ist, wird eine
alternative Begrünung zum Beispiel mit Hecken umgesetzt. Mit einem „Masterplan
Bäume“ nehmen wir den ganzen Lebenszyklus der Stadtbäume von der Pflanzung bis
zur Pflege in den Blick.
Wir unterstützen privates Engagement für mehr Grün in der Stadt mit einem gut
ausgestatteten stadtweiten Zuschusstopf für Grün auf dem Dach, auf Fassaden und
in Hinterhöfen. In besonders dicht bebauten Stadtteilen geht die Stadt Nürnberg
aktiv auf Eigentümer*innen geeigneter Objekte zu und berät sie bei der
Umsetzung. Bei städtischen Immobilien werden Begrünungen standardmäßig geprüft
und alle Potenziale genutzt, z.B. auch auf Bushäuschen. Auf der Achse
Wölckernstraße - Landgrabenstraße - Harsdörffer Straße in der Südstadt wird ein
Pilotprojekt für Dach- und Fassadenbegrünung realisiert.
Urban-Gardening-Projekte wie Stadtgärten, interkulturelle Gärten etc. haben
unseren vollen Rückhalt. Die Nürnberger Kleingärten sollen erhalten bleiben und
neue geschaffen werden. Bürger*innen, die mit viel Engagement Baumscheiben
pflegen und im Sommer Bäume gießen, verdienen Wertschätzung. Die Arbeit muss
ihnen erleichtert werden, deswegen muss das vorgelegte Modellprojekt „Nutzung
von Hydranten“ verstetigt und möglichst vielen Ehrenamtlichen zugänglich gemacht
werden.
Natur mitten unter uns – biologische Vielfalt in der Stadt
In Zeiten des größten Artensterbens seit den Dinosauriern finden viele Tiere und
Pflanzen mittlerweile bessere Lebensräume in der Stadt als auf dem Land. Im
Nürnberger Stadtgebiet leben u.a. Biber, Störche, Kreuzottern, Wildbienen und
Mauersegler. Den Erhalt der biologischen Vielfalt gehen wir systematisch an -
mit einer Biodiversitätsstrategie für das gesamte Stadtgebiet, die in
Zusammenarbeit mit den Expert*innen im lokalen Bündnis für Biodiversität
erarbeitet wird.
Öffentliche Grünflächen wollen wir naturnah anlegen und pflegen. Wir lassen auch
einmal „wilde Ecken“ zu. Wir gestalten Straßenränder, Verkehrsinseln und
Grünflächen an städtischen Gebäuden mit Blühstreifen. Statt Laubbläsern sollen
bei der Pflege Rechen zum Einsatz kommen. Wir gestalten neue Parks und
Grünflächen insektenfreundlich mit festen Standards z.B. für lang blühende Bäume
und Wiesen oder Elementen wie Feldhecken, Steinhaufen usw. Mindestens 5% der
Flächen in Parks sollen exklusive Insektenflächen sein. Die Pflege aller Park-
und Grünanlagen stellen wir so um, dass sie attraktiv für Insekten werden, z.B.
indem zeitlich versetzt gemäht wird oder spezielles Saatgut verwendet wird. Die
Straßenbeleuchtung wird mit insektenfreundlichen LED ausgestattet. Ebenso wollen
wir dabei für zielgerichtetere Beleuchtung sorgen, um der Lichtverschmutzung
entgegenzuwirken sowie gleichzeitig durch ausreichende Beleuchtung dem
Sicherheitsbedürfnis der Bürger*innen Rechnung zu tragen.
Nürnberg glyphosat- und pestizidfrei bleibt unser Ziel. Die Stadt Nürnberg
verwendet bei der Pflege schon lange keine Pflanzengifte mehr. Wir wollen
verstärkt dafür werben, dass auch mehr Privatgärten und Firmengelände ökologisch
gestaltet und gepflegt werden und fördern naturnahe Gärten und die Entsiegelung
von Flächen.
Wertvolle Biotope und Schutzräume
Wertvolle Naturräume stellen wir unter besonderen Schutz. In den kommenden
Jahren gilt es, im neuen Naturschutzgebiet im östlichen Pegnitztal zusammen mit
den Nutzer*innen vor Ort die ökologische Qualität des Gebietes zu verbessern und
dabei Naturschutz und Freizeitnutzung in Einklang zu bringen bringen. Wir sind
dafür, dass der artenreiche Auenwald in der Ziegellach sowie der östlich der
Stadtgrenze gelegene Bereich der Fischbachaue den gleichen Schutzstaus bekommen.
Das Moorenbrunnfeld soll auf keinen Fall bebaut, sondern der schützenswerte
Sandlebensraum dort erhalten werden.
Der Reichswald ist die grüne Lunge der Stadt. Wir brauchen ihn als Ruhe- und
Erholungsraum für unsere Bürger*innen und als Rückzugsgebiet für seltene Tiere
und Pflanzen. Wir sind froh, dass es endlich gelungen ist, den artenreichen Wald
im Eibacher Forst vor einer Umwandlung zum Industriegebiet zu retten. Wir
kämpfen weiter dafür, dass der Reichswald nicht weiter abgeholzt wird, zum
Beispiel für die Flughafen-Nordanbindung.
Die erheblichen Trockenschäden in den Wäldern um Nürnberg beobachten wir mit
großer Sorge. Der ökologische und klimagerechte Umbau des Waldes muss schneller
vorangetrieben werden und Ökologie Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen der
Forstwirtschaft haben. Wir wollen die Waldpädagogik fördern und das Ökosystem
Reichswald durch die Ansiedelung seltener Arten bereichern.
Wir setzen uns dafür ein, dass Vereine und Verbände, die sich um Umwelt- und
Naturschutz kümmern von der Stadt angemessen unterstützt werden.
Ernährung und Landwirtschaft: bio, regional, fair
Tomaten aus dem Schrebergarten, Kartoffeln vom Wochenmarkt im Stadtteil, Honig
von den Bienen auf dem Hausdach – immer mehr Menschen suchen nach Alternativen
zu Massentierhaltung und Lebensmittelindustrie. Wir Grüne stehen für gute
Lebensmittel aus verantwortungsvoller, nachhaltiger Landwirtschaft. Unsere
Vision: alle Nürnbergerinnen und Nürnberger haben die Möglichkeit, ihren Bedarf
zum großen Teil mit ökologisch und fair produzierten Lebensmitteln aus der
Region abzudecken.
Deutschland hat es bislang versäumt strengere Maßnahmen gegen
Gewässerverunreinigung durch Nitrat zu ergreifen, weswegen die Europäische
Kommission seit Jahren droht, Deutschland wegen Verstoß gegen die Richtlinie
91/676/EWG des Rates zu verklagen. Wir wollen diese Richtlinie in Nürnberg
soweit wie möglich umsetzen. Gleichzeitig bekennen wir Grüne uns zur heimischen
bäuerlichen Landwirtschaft und zum Erhalt landwirtschaftlicher Flächen - für die
regionale Versorgung mit frischen Lebensmitteln und als Lebensraum für Flora und
Fauna. Wir wollen die kleinen und mittleren Betriebe erhalten, die Rebhuhn,
Kiebitz und Co. Lebensraum bieten.
Ökolandbau ist daher der Schlüssel zu nachhaltiger Produktion, die die
natürlichen Lebensgrundlagen schützt. Deshalb wollen wir mehr Bio auf den Äckern
und die Ziele des Landes Bayern von 30% Anteil der ökologisch bewirtschafteten
Fläche bis 2030 deutlich übertreffen. Die Stadt sollte deshalb eigene Flächen
nur noch mit Naturschutzauflagen bzw. vorwiegend an Ökobäuer*innen verpachten.
Wir setzen uns dafür ein, dass Landwirt*innen bessere Unterstützung bei der
Umstellung auf Bio erhalten und nach dem Prinzip „öffentliches Geld für
öffentliche Leistung“ Maßnahmen für Biodiversität, Gewässerschutz oder Klima
besser honoriert werden.
Wir unterstützen Initiativen wie Stadt- und Schulgärten, Solidarische
Landwirtschaft, Food Sharing oder Urban Farming, die für eine höhere
Wertschätzung von Lebensmitteln, weniger Fleischkonsum, ökologischen Landbau und
regionale Versorgungsstrukturen eintreten.
Wir setzen uns dafür ein, dass keine Lebensmittel weggeschmissen werden und
weniger Verpackungsmüll entsteht. Wochenmärkte in den Stadtteilen wollen wir
ausbauen und das lokale Lebensmittelhandwerk stützen.
Wir bauen ein „House of Food“ auf, das als Kompetenzzentrum für nachhaltige
Ernährung Wissen für Großküchen, Kantinen, Caterer und interessierte
Bürger*innen weitergibt z.B. zum saisonalen Kochen, Einsatz von Bioprodukten,
Alternativen zu Fleisch oder zur optimalen Lagerung und Verwertung von
Nahrungsmitteln.
Die Stadt Nürnberg soll bei deren Umsetzung vorangehen und die Versorgung aller
städtischen Einrichtungen auf ökologische und regionale Produkte umstellen.
Tiere schützen
Wir setzen uns für den Tierschutz ein und unterstützen zivilgesellschaftliche
Initiativen in diesem Bereich. Wir werben für einen verringerten Konsum
tierischer Produkte. Das Angebot vegetarischer und veganer Gerichte in
städtischen Kantinen sowie bei öffentlichen Veranstaltungen wollen wir deutlich
ausbauen.
Wir wollen, dass in Nürnberg keine Zirkusse mit Wildtieren gastieren und
sprechen uns gegen Tierversuche am Nürnberger Klinikum aus. Den Kurs des
Tiergartens, sich in Richtung eines Bildungs- und Artenschutzzentrum zu bewegen,
unterstützen wir, solange das Tierwohl im Vordergrund steht.
Stadttauben wollen wir in betreuten Schlägen ansiedeln, von wo aus der Kot
entsorgt wird und eine Geburtenregelung durch Eierentnahme erfolgt. Die
Umsetzung der betreuten Taubenschläge wollen wir in Zusammenarbeit mit den
ortsansässigen Tierschutzvereinen organisieren und durchführen.
Schlüsselprojekt „Masterplan Bäume“
Unser „Masterplan Bäume“ erhebt geeignete Standorte und Baumarten mit Priorität
auf besonders hitzebelastete Stadtquartiere. Wir achten auf ausreichend große
Baumscheiben mit Bewässerungsanlagen und legen bei Bauvorhaben frühzeitig
geeignete Standorte für Bäume fest. Außerdem verbessern wir die Baumpflege,
insbesondere mit einem Gießkonzept für Bäume. Wir stärken den Baumschutz bei
Baumaßnahmen, u.a. mit mehr Personal zur Kontrolle zur Einhaltung der
Bauschutzverordnung und zur Bauüberwachung und einer besseren Sensibilisierung
und Schulung von Baufirmen und städtischen Mitarbeiter*innen. Beim Winterdienst
werden wir Salz sparsamer einsetzen, da es Baumwurzeln schädigt.